Ein Rückspiegel voller Freunde
Christine, Peter, und ich starten Mitte September per Motorrad Richtung Salzburg und weiter nach Südtirol und Kroatien. Gleich der erste Tag ist ein richtig guter Tag. Wir genießen
exklusiven Begleitschutz von unseren Freunden. Insgesamt starten gegen 10h vormittags 7 Motorräder nach Westen. Ich darf die wilde Meute anführen und durch fantastische Landschaften vorerst bis
in den Nationalpark Gesäuse geleiten, wo die ärmsten aller armen Freunde schon umkehren werden müssen.
So sammeln sich den ganzen Tag über die Freunde in Rückspiegel, und das ist eine sehr feine Sache. Gemeinsam brausen wir durch Wälder und über Berge, selbst der bald einsetzende Regen (wie
kann es anders sein...) vermag unsere Laune heute nicht zu trüben, denn wir sind gemeinsam unterwegs, nichts kann uns aufhalten, bis wir uns im Gesäuse bei einem späten Mittagessen wieder trennen
müssen.
Bei einem Motorrad wird das Licht defekt, wir müssen die Lampe tauschen, da kommt sogar die Feuerwehr zu Hilfe - aber natürlich schaffen 6 Männer und eine Frau das auch ohne Unterstützung durch
die Einsatzkräfte.
Ein Sack voll Kurven
im Supermarkt werden schon die Lebkuchen verkauft, und auch zu uns kommt der Weihnachtsmann früher als geplant. Statt Schnee und Eis bringt er uns aber ganz dem aktuellen Trend entsprechend
Sonnenschein, ideale Temperaturen, UND zusätzlich einen ganzen Sack voll mit Salzburger Kurven. Große Kurven und kleine Kurven, lange Kurven und kurze Kurven, überraschend enge Kurven (uiuiui)
und Kurven, die so weit ums Eck gehen, dass man eigentlich wieder in die Ausgangsrichtung zurück fahren müsste... ? Sowie nicht zu vergessen die ganz engen und steilen Kehren auf den Bergstraßen,
die unsere ganze Konzentration verlangen. Der Weihnachtsmann weiß eben, was Motorradfahrer wünschen. Wir setzen alle diese Kurven tagelang zu diversen Genießerstrecken zusammen,
unterbrochen nur durch die unverzichtbaren Cappucini in den Pausen.
In Salzburg verlassen uns die letzten treuen Begleitfreunde, und zu dritt reisen wir nun in stetiger Formation weiter nach Südtirol.
Am 3D Spielplatz
ein passender Name für Südtirol. Auch die Südtiroler haben offenbar vom Weihnachtsmann einen Sack voll Kurven bekommen, aber irgendwie darauf vergessen, auch mal wenigstens eine kurze gerade Strecke mit einzubauen. Rund um spektakuläre Bergriesen hat man diese Kurven lasziv hingestreut, und wir sind ständig hin und her gerissen zwischen Bergpanorama schauen, den nächsten Kurvenverlauf nicht zu versäumen, und den xten Aussichtsparkplatz anzubremsen. Aus schattigen Tälern bollern wir hoch hinauf bis zu den Gipfeln, nur um anschließend wieder hinabzugleiten und neue Kräfte zu sammeln für den nächsten Anstieg. Abends kurve ich noch ein paar Runden ums Bett, bis ich endlich zur Ruhe komme !
Ein Versprechen wird eingelöst, ein anderes gegeben.
treue Leser meines Blogs werden sich erinnern. Ich habe versprochen im Herbst noch einmal zum Pragser Wildsee zu kommen, weil im Frühsommer an einem Sonntag einfach zu viele Menschen dort
waren. Nun … im Herbst mitten unter der Woche bin ich jetzt guter Hoffnung, dass dieses Juwel uns alleine gehören wird, und wir die majestätische Ruhe dieser einzigartigen Seelandschaft in
absoluter Stille und Einsamkeit inhalieren können.
Nun.. weit gefehlt. Ich muss meinen Irrtum eingestehen. Auch im Herbst an einem gewöhnlichen Donnerstag ist dieser Ort gut besucht. Gemeinsam mit halb Italien und diversen anderen wanderfreudigen
Menschen umrunden wir den See - zu Fuß natürlich - und wir genießen die atemberaubenden Ausblicke. Fotos ohne Touristenfarbklekse bedürfen einer Portion Geduld, aber es geht.
Nächster Plan (neues Versprechen): Winter, minus 20 Grad, Stromausfall und Weihnachtsabend. Mal sehen, ob dann noch jemand hier herumstiefelt !! ;-) - und ob ich dieses neue Versprechen halten
kann und will.
Das wahre Abenteuer
ist nicht die Fahrt auf diesen spektakulären Straßen mitten durch die Berge, oder in italoenglischdeutschen Sprachbrocken das korrekte Essen zu bestellen, oder im Straßengewirr den richtigen Weg aus den kryptischen Vorschlägen des besten aller Navis herauszulesen, nein - das echte Abenteuer beginnt dort, wo du auf Selbstbedienungstankstellen den dringenden Durst deines geliebten Motorrades stillen musst, damit das angesteuerte Hotelbett noch rechtzeitig erreicht werden kann. Am hier gezeigten Beispiel lässt sich vielleicht unsere wachsende Verzweiflung angesichts der bevorstehenden Aufgabe erahnen ... der Mutigste der Gruppe versenkt zuerst seine Barschaft in diesen Automaten - Freiwillige vor !
Croatia under the sun
unsere Reise führt uns bis nach Kroatien ans Meer. Über die kroatische Küste wurde in diesem Blog schon viel geschrieben, ich möchte deshalb heute nur erzählen, wie sich alles verändert, wenn man aus den Bergen herunter kommt, in Udine noch die wild gezackten Dolomiten im Rückspiegel hat, in Triest schon einen ersten Blick auf das Meer erhaschen kann, und letztlich bei Opatja am Ufer steht und tief einatmet. Wieder einmal erreichen wir wohlbehalten die Küste. Wo das Land endet und das große Wasser beginnt. Die Abendluft ist noch warm, es riecht nach Pinien und nach Meer und nach Süden und ein klein wenig auch nach Abendessen. Hier sind nicht nur die Kurven der Küstenstraßen weniger eng als in den Bergen, und die Ausblicke auf das Meer hinaus beinahe unendlich, hier sind auch die Gedanken leichter. Sie scheinen hinaus zu schweben Richtung Horizont. Immer weiter hinaus... bis sie der Hunger zurück ins Hotel treibt.
Jesus auf dem Trockendock
In Trogir, zwischen den schnittigen Jachten in der Marina, wo man sich immer wundert, welcher Mensch wohl so viel Geld besitzt, um sich eines dieser Schiff kaufen zu können, wo stolze Kapitäne die Ausrüstung vor dem Auslaufen noch einmal prüfen, und wo erfolgreich absolvierte Törns von ausgelassenen Mannschaften fröhlich gefeiert werden, wo um diese Jahreszeit schon einige Schiffe aufgebockt am Kai repariert und für die Überwinterung vorbereitet werden, mitten in dieser Betriebsamkeit liegt eine Jesusstatue, ebenfalls aufgebockt. Ein Mann repariert den Sockel der Statue, die vielleicht während eines Sturmes beschädigt wurde. So richtig will diese Statue nicht zwischen die glänzenden Jachten passen, sie fällt auf, aber auch Jesus wird liebevoll instand gesetzt und bald wieder "auferstehen", um alle, die an ihm vorbeikommen, an die Göttlichkeit zu erinnern, die dieser Welt wohl innewohnt, und die wir nach unserer Reise durch die wilden Berge bis ans große Meer auch wieder spüren können. Diese Welt ist wunderschön und für unsere Augen gemacht. Hoffentlich sind wir inzwischen weise genug, um sie zu bewahren.
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Andy (Samstag, 28 September 2019 11:23)
Sehr schöne Pics, feine Beschreibungen, umwerfend! Und die SB-Tankstellen in Italia brachten schon manchen bekannten Einspurigen zum formidablen Zuckaus �
Christine (Samstag, 28 September 2019 14:14)
Deine wunderbaren Bilder fangen den beginnenden Winterblues gekonnt wieder ein. Davon kann/muss frau jetzt lange zehren. Danke!
Frage: womit hast du die handykamerabewaffneten Wandernden bestochen, damit sie nicht dauernd durchs Bild laufen? Hier zeigt sich der wahre Profi �
Susi (Sonntag, 29 September 2019 16:10)
Ach, Michels, vielen Dank wieder einmal, dass Du Deine Erlebnisse und Gedanken in so wort- und bild-poetischer Weise teilst! Ich kann mich nur Christine anschließen: auch als zu-Hause-Gebliebene kann man davon gut zehren, sich daran freuen und einerseits hoffen, dass der nächste Urlaub kommt, andererseits selber die Augen für die Wunder rundherum offen halten. Ob Du den Plan mit dem Weihnachtsabend einhältst (muss ja nicht GENAU der Weihnachtsabend sein), wär ich gespannt und (fast) noch lieber dabei. Bitte halt dann bloggen, das verfolge ich auch gern mit dem Punschhäferl in der Hand. Ganz wunderbar ist jedenfalls bei Deinen Bildern wieder die Vielfalt der Motive, der Farben. Jede Reise anders. Vielen Dank. Bitte weitermachen.
Moritz (Sonntag, 29 September 2019 19:41)
Es war sensationell!
Wunibald (Montag, 30 September 2019 07:16)
Werte Cher!
Ich mich ser gefreit!!!
Grisse
Monika (Montag, 30 September 2019 09:12)
wie immer beginnt man zu träumen, wenn man deine Erzählungen verfolgt. Danke für diese grandiosen Eindrücke in Wort und Bild. Da ich heuer kaum am Motorrad gesessen bin, genieße ich deine geschilderten Erlebnisse um so mehr. Freu mich schon auf deine nächste Reise und vor allem bin ich schon gespannt wo du Weihnachten verbringen wirst .
Peter (Montag, 30 September 2019 15:20)
Lieber Michel,
mit deinem BLOG gönnst du mir das Privileg nach dem gemeinsamen Urlaub - wenn ich wieder im finsteren Bergwerk in harter Arbeit die Kohle aus der Wand brechen muss - wieder in die wunderbare Stimmung einzutauchen. -> ich will wieder dorthin !!!